18. Januar 2008

Namaskara

Ja, ich lebe noch und mir geht es gut, habe mich in diesem wundervollen und anfangs doch so fremden Land eingelebt und eine Aufgabe in der Loyola School gefunden, mit der ich schwer beschaeftigt bin. Aber davon erzaehle ich spaeter, zuerst einmal moechte ich von dem Projekt hier berichten.

PANNUR JESUIT SOCIAL SERVICE CENTRE

Wie alles anfing
Im Jahre 2002 wird die Pannur-Mission gegruendet, deren Anliegen es ist "nicht den Fisch, sondern das Netz zu geben” und sich (neben Haeuserbau, medizinischer Versorgung, Selbsthilfegruppen,…) hauptsaechlich um die Schulbildung der Kinder zu kuemmern, denn Bildung ist der einzigste Ausweg aus der Armut, Unterdrueckung und Ausnutzung der Dalits. Die "Landlords" und Leute hoeherer Kasten sehen verachtend auf die Dalits herab und sorgen dafuer, dass sie aus der Gesellschaft ausgestossen bleiben. Die Jesuiten wollen den Kindern eine Chance auf eine bessere Zukunft geben, denn sie fanden die meisten Kinder in den umliegenden Doerfern statt in die Schule gehend, Kuehe huetend vor. Pro Kuh bekommt ein Kind 10 Rupien im Monat, das sind weniger als 20 Cent. Es ist nicht einfach, die Kinder aus ihrem bisherigen Leben herauszuholen und so gehen die Jesuiten mit einem Kassettenrecorder auf's Feld, um die kuehehuetenden Kinder mit sich vertraut zu machen... von der Musik angezogen kommen sie neugierig herbei, hoeren interessiert zu und fangen an zu tanzen. Damit beginnt sich ihr Leben von Grund auf zu aendern...

Heute
gehen insgesamt 500 von diesen armen Dorfkindern in verschiedenen Einrichtungen (auch in weiter entfernten Staedten) regelmaessig zur Schule. In Pannur selbst wurde ein "Hostel" gegruendet, in dem heute 43 Kinder betreut werden. Sie gehen in die staatliche Schule, bekommen im Hostel aber Zusatzunterricht, etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen.

Auf dem Bild sind die Pannur-Kids in ihrem Klassenzimmer zu sehen. Stuehle und Tische gibt es nicht, daher sitzen sie auf dem Boden.

Da die Kinder sich praechtig entwickelten und auch ihre Leistungen in der Schule sehr zufriedenstellend waren, wollte Fr. Eric SJ (der die Pannur-Mission leitet) eine grosse, englischsprachige Schule fuer Dalit-Kinder gruenden, um ihnen eine richtig gute Ausbildung zu ermoeglichen, da die staatlichen Schulen doch oft sehr zu wuenschen uebrig lassen. Und so wurde die Loyola School (aufgrund besserer Strassenverhaeltnisse) in der Kleinstadt Manvi gebaut, 14 km vom Dorf Pannur entfernt. Dort gehen heute 423 Kinder zur Schule und von diesen wohnen 160 im dazugehoerigen Hostel (da der Schulweg zu weit waere und um sie bestmoeglichst versorgen zu koennen).

Tagesablauf in der Loyola School
5.30. Im Hostel ertoent die Glocke, woraufhin sich in den 5 Schlaafsaaelen je ca. 30 kleine Koerper unter den duennen Decken mehr oder weniger zu regen beginnen. Manche muessen regelrecht von ihren Strohmatten gezerrt werden. Muede und schlaftrunken tapsen die Kinder zum Waschraum, putzen Zaehne und besprenkeln sich ein wenig mit Wasser, was sie sich waschen nennen und dabei auch die Seife oftmals links liegen lassen, wenn sie denn eine haben. Dann kramen sie ihre Schuluniformen aus ihren Koffern, in denen sie ihren ganzen Besitz verstauen

und schluepfen in das blau-weiss gestreiftes Hemd, blaue Hose oder Rock, Guertel und Krawatte. Seit neustem gibt es sogar einen Spiegel in jedem Zimmer, vor diesem wird sich dann Kokosnussoel in die Haare geschmiert und ordentlich frisiert, damit es keinen Aerger gibt.
Ein paar Kinder muessen auch noch jeden Morgen fegen und putzen.
Um 6.30 Uhr versammeln sich dann alle Kids in dem Raum, der als Kapelle dient, zum Beten. Zuerst eine viertel Stunde lang auf Kannada, danach beginnt die Messe, die unter der Woche auf Englisch gehalten wird.
Das friedliche Beisammensitzen und der begeisterte Gesang, der mit Trommeln und Schellen begleitet wird, lassen einen kaum ahnen, dass viele der Kinder Hindus und Moslems sind. Aber man spuert doch, dass sie waehrend der Gebete etwas vereint: die Dankbarkeit. Sie beten jeden Morgen fuer ihre "benefectors and their families" denn sie wissen, dass ihr jetztiges Leben nur durch Spenden ermoeglicht wird. Es ist so ganz anders von ihrem frueheren Leben, sicherlich nicht viel einfacherer, aber etwas grundlegendes hat sich doch geaendert: Sie sind keine dreckigen kleinen Dorfkinder ohne jede Zukunftsperspektive mehr, sondern sie sind ordentlich gekleidete, selbstbewusste Schulkinder, deren Schule der groesste Gebaeude der Stadt ist (3-stoeckig, also Erdgeschoss, 1. und 2. Stock) und wenn man sie nach ihren Traeumen fragt, bekommen sie strahlende Augen und liefern meist Antworten wie Doctor, Police-man oder Teacher. ("Die Polizei war nicht gerecht in meinem Dorf, darum moechte ich Polizist werden, um in meinem Dorf fuer Gerechtigkeit zu sorgen.", "Ich bin ein schreckliches Kind, aber wenn ich gross bin moechte ich mich als Lehrerin um 10 schreckliche Kinder kuemmern.")

Nach dem Gottesdienst gibt es Fruehstueck, danach gehen die Kinder in die Schule, die ca. 500m entfernt ist, dort startet um 8.30 Uhr der Unterricht.

Loyola School, vom Hostel aus gesehen

Es gibt die Klassen LKG (Kindergarten), UKG (Vorschule) und die Klassen 1 bis 8 mit jeweils zwischen 21 und 52 Schuelern.
Um 9.30 Uhr gibt es eine "Assembly", alle Schueler stellen sich in Reih und Glied vor dem Schulgebaeude auf, singen und beten, lesen die Ueberschriften aus der Zeitung vor, singen die Nationalhymne, den Geburtstagkindern wird gratuliert, danach gehen alle wieder in ihre Klassen.
Zwischen 12.30 und 13.20 Uhr ist Mittagspause, die Hostel-Kids laufen zum Hostel, die anderen setzen sich vor die Schule auf den Boden und essen ihren mitgebrachten Reis.
So wird hier gekocht

Kurz vor 16 Uhr gibt es nochmal eine kurze Assembly mit Gebet und Gesang, dann ist die Schule aus. Fuer die Hostel-Kinder gibt es danach "Tindi" (Kekse oder irgendetwas anderes kleines zu essen), dann holen sie ihre Wassereimer fuer "watering", sie muessen ihre Pflanzen giessen.


Nun endlich haben sie eine Stunde freie Zeit zum Spielen, koennen aber auch fuer "Games" auf den Sportplatz gehen, wo die Betreuer mit ihnen spielen, Geschichten erzaehlen, singen und tanzen, bis es Zeit fuer "bath" ist, die Kinder waschen sich und auch ihre Kleider selbst.


Danach muessen sie Hausaufgaben machen und lernen, mit einer Unterbrechung um 20 Uhr fuers Abendessen, Speisesaal im Hostel



und um 22 Uhr ist dann endlich Nachtruhe.



Was ich hier so mache
werde ich demnaechst ausfuehrlicher erzaehlen. Ich wohne im Hostel in der Loyola School in Manvi (meine ersten 2 Wochen und die Weihnachtsferien verbrachte ich in Pannur). Grob gesagt sind meine zwei Hauptaufgaben die Kleider von den Kindern zu flicken und Malunterricht in der Schule zu geben, nebenher tue ich noch ab und zu dies und das und jenes, z.B. verarzte ich kleine Wunden, ziehe Spreisel, spiele mit den Kids, erzaehle Geschichten, trockne Traenen, schlichte Streit, kuemmere mich um kranke Kinder, helfe beim Anziehen, teile Essen aus, helfe Wassereimer tragen und bei den Hausaufgaben, bin Ansprechpartner von den Kindern fuer alles moegliche...


Auf dem letzten Bild fuer heute seht ihr mich mit ein paar Kindern und William, dem Volunteer aus Frankreich.

Morgen kommen meine Schwester und meine Oma mich besuchen, sie bleiben fuer 4 Wochen und wir werden ein bisschen rumreisen, darauf freue ich mich schon sehr.

Hiermit schicke euch die allerherzlichsten Gruesse und dicke Umarmungen aus dem heissen Indien, vergesst mich nicht, bis bald,
eure fEjA