28. April 2009

Ein bisschen verspätet hier nun der Bericht meiner Reise nach Peru und Bolivien im September 2008

Alles fing damit an, dass mein Freund seinen Freiwilligendienst in Südamerika machte und ich ihn unbedingt besuchen wollte, als ich aus Indien zurückkam. Zeit hatte ich ja, aber Geld… durch glückliche Fügungen bekam ich einen Flug, der auch für mich bezahlbar war und so saß ich am Freitag 29.08.2008 voller Abenteuerlust, Vorfreude und Aufregung im Flugzeug neben meiner Cousine auf dem Weg nach Lima in Peru. In Lima wurden wir von Annie, die peruanische Freundin meiner Cousine, deren Familie und Freund von Flughafen abgeholt und verbrachten ein paar Tage in Lima mit Annie. Lima war für mich nur interessant, weil es die erste südamerikanische Stadt war, die ich kennenlernte, ansonsten hat es mir nicht sooo gefallen.
Das trübe Wetter schlägt einem unheimlich auf die Stimmung, der Smog raubt einem den Atem, alles ist grau und staubig. Viele Armenviertel, Backsteinhäuser, die alle so aussehen als wären sie nicht fertig gebaut, sandige Hügel, ab und zu ein paar Kakteen, vergitterte Häuser und Geschäfte, Straßenhunde, ein Fluss voller Müll.
Wir verbrachten drei Tage in Lima, dann machten Vanessa und ich uns gemeinsam auf, das Land zu erkunden und dabei ganz nebenbei auch ein bisschen Richtung Bolivien zu reisen, wo ich Fabian treffen wollte.
Zuerst machten wir einen kleinen Stop an der Lagune „Milagrosa“ – die Wunderbare, die Heilkräfte besitzen soll. Das war ehrlich gesagt ziemlich enttäuschend, ein kleines grünes Wasserloch, unheimlich unspektakulär, außer den klitzekleinen Vögeln, die sich die ganze Zeit im Wasser drehten, als wären sie verrückt. Es lag nahe, dass diese Vögelchen von dem Wasser verrückt geworden sind, es sah nämlich nicht sehr gesund aus und als ich meine Hand reinstreckte, fing sie an zu brennen. Ich glaube nicht, dass das aufgrund irgendwelcher Heilkräfte kam. Daher machten wir uns schon nach einer Stunde auf zu unserem nächsten Ziel, das wir erst in der Abenddämmerung erreichten. Den ganzen Tag fuhren wir in (im Vergleich zu Indien recht noblen, fernsehbestückten, langweiligen) Bussen an der Küste entlang, obwohl es mir so vorkam, als würden wir mitten durch die Wüste fahren. Nichts als Sand und Felsen, kein Grün, keine Pflanze, nix. Nur ab und zu immer wieder ein paar heruntergekommene Häuser. Ich habe mich gefragt, wie man nur so leben kann, mit nichts als Sand um einen herum, ein paar anderen Häusern und der großen Straße. Das muss echt hart sein.
Abends erreichten wir Pisco, eine Stadt die sich den Namen mit dem berühmten Traubenschnaps teilt (hab ihn in Lima probiert, schmeckt echt gut, haut aber voll rein… kein weiterer Kommentar dazu…) und die letztes Jahr von einem Erdbeben dem Erdboden gleich gemacht wurde. Wir fuhren aber nur mit dem Taxi durch und weiter bis zum nächsten Ort, Paracas. Es war dunkel, wir waren allein auf der Straße und dann nimmt dieser Taxifahrer auch noch einen anderen Mann mit, der im Dunkeln an der Straße stand. Man hört ja so allerlei Geschichten, vor allem von Taxifahrern und falschen Polizisten, die einen ausrauben. Naja wir sind gut angekommen und haben dann gleich im Hotel eine Bootstour für den nächsten Morgen gebucht. Auf dieser Bootstour sahen wir einen 2300 Jahre alten Kaktusumriss, der 60cm tief in den Felsen geritzt wurde.
Dann flitzten wir ne halbe Stunde übers Meer zu kleinen Felseninseln, um die früher sogar mal Krieg geführt wurde. Auf diesen Felsen leben nämlich Millionen von Vögeln, die Guano produzieren (Vogelscheisse, die als Dünger verwendet wird), das alle 5 Jahre abgebaut wird (früher konnte man jedes Jahr 3m abbauen, aber heute sind es nicht mehr so viele Vögel wie damals). Beeindruckend, wie viele Vögel dort leben, wirklich.
Und Robben und Pinguine leben auch auf diesen Inseln. Es war ein toller Ausflug, vor allem bei der rasanten Bootsfahrt übers offene Meer konnte man sich mal so richtig den Wind durch den Kopf pfeifen lassen. Hinter dem Strand türmten sich auch schon die Dünen der Wüste, toller Anblick, krasser Gegensatz, Meer und Wüste, Wasser und Trockenheit, Leben und Tod, direkt nebeneinander. Und als wir dann schon fast wieder im Hafen waren, haben wir tatsächlich noch Delfine gesehen.
Dann sind wir mit einem Taxi nach Huacachina gecruist, zu der Lagune, die auf der Rückseite des 50-Soles-Scheins abgebildet ist. Laut einer Legende ist die Lagune entstanden, weil eine Frau ganz alleine in der Wüste war und sie hat geweint und aus ihren Tränen ist die Lagune entstanden. Die Legende war noch viel länger, seltsamer und komplizierter, ich hab sie irgendwie nie ganz verstanden und den Rest wieder vergessen… Doch es war wahnsinnig schön dort, eine kleine Oase, von grünen Palmen und ein paar bunten Häusern umringt, drumherum türmten sich die riesigen Sanddünen der Wüste…
Die Wüste übt eine solche Faszination auf mich aus, dieser krasse Gegensatz zwischen den wunderschönen sanften Dünen und der todbringenden trockenen Hitze ist einfach der Wahnsinn. Vanessa und ich bestiegen eine der riesigen Sanddünen, das war megamäßig anstrengend, doch für die Aussicht hat es sich gelohnt. Direkt beim Sonnenuntergang waren wir oben, herrlich. Wirklich unbeschreiblich…
Mit dem Nachtbus fuhren wir dann nach Arequipa, der früh morgens, als es noch dunkel war, leider mitten in der Wüste stehen blieb, Motorschaden. Draußen war es schrecklich kalt. Die Leute aus dem Bus stellten sich an die Straße und versuchten per Anhalter weiterzufahren. Ganz wenig Busse hielten und nahmen dann auch nur ganz wenig Leute mit. Wir erwischten mit 3 anderen, tschechischen Backpackern einen Truck, in dessen Führerhäuschen wir uns dann hineinquetschten. Es war herrlich abenteuerlich, wir fuhren dem Sonnenaufgang entgegen. Als es dann die Berge hoch ging, schaffte unser Truck nur 25km/h, zu witzig, wie wir gaanz laangsam die Berge hinaufkrochen, doch ich war ganz froh darum, denn am Straßenrand standen durchgehend Kreuze von Verunglückten...
Von der Stadt Arequipa waren wir ein wenig enttäuscht, da uns alle immer so vorgeschwärmt hatten, wie schön sie doch wäre... so toll war sie nämlich nicht.

Sa, 06.09.2008
Nachdem ich eine Woche lang mit meiner Cousine Vanessa durch Peru gereist bin, trennen wir uns und sie setzt mich in Arequipa in den Bus nach Puno, dort möchte ich nach zehneinhalb Monaten Auslandszeit in Uruguay und Indien endlich wieder Fabian treffen. Ich sitze also so im Bus und genieße die vom Vulkan „El Misti“ (der alle 100 Jahre mal ausbricht) und schneebedeckten Gipfel des „Chachani“ (6075m) dominierte Landschaft. Nach etwa einer Stunde manövriert der Bus auf einmal irgendwie herum, doch dann fährt er gleich weiter, vielleicht haben wir ja nur eine Abfahrt verpasst. Kurz darauf kommt jedoch der Schaffner und sagt irgendwas, ich verstehe natürlich kein Wort. Aber die Leute im Bus regen sich voll auf. Scheiße, was ist denn los? Nach einer Weile hab ich plötzlich das Gefühl, wir fahren in die falsche Richtung, mit Hilfe von Sonnenstand und Landkarte verstärkt sich meine Hypothese leider auch, und spätestens als ich den Berg und den Vulkan wieder sehe, ist sie bestätigt. Ich würde gerne jemanden fragen, warum wir denn zurückfahren, aber leider leider kann ich ja kein Spanisch. Ich bekomme halb die Panik und male mir die verzwicktesten Szenarien aus, wie ich mir ohne ein Wort Spanisch zu können mein Geld zurückfordern, einen neuen Bus suchen und mit allerlei sonstigen Schwierigkeiten kämpfen muss. Als wir wieder in Arequipa sind, fahren wir unglaublicher weise nur zur nächsten Tankstelle, halten dort für zehn Minuten und fahren dann weiter, wieder in Richtung Puno. Das macht mich nun aber auch wütend, zwei Stunden Umweg, nur weil sie vergessen haben zu tanken, hallo, was soll das denn?! Das allerblödeste ist, dass ich Fabian nicht Bescheid sagen kann. Gegen Ende der mir endlos scheinenden, auf knapp 4000m hochgehenden (acht-stündigen) Busfahrt wird mir so richtig schlecht, ich bekomme höllische Kopfschmerzen und habe Angst, mich übergeben zu müssen. Vor allem die letzten zwei Stunden waren eine richtige Qual. Und ich befürchte, dass Fabian nicht mehr am Busbahnhof sein würde... Umso froher war ich, als wir endlich ankamen, ich aus dem Bus stieg und gleich darauf auch schon Fabian erblickte. Hallelujah! Ich war nicht mehr aufgeregt, ich machte mir keine Gedanken mehr, wie ich ihn begrüßen solle, ich war einfach nur noch erleichtert, dass er auf mich gewartet hat. Ich hole noch schnell meinen Rucksack aus dem Gepäckraum, da kommt er auch schon auf mich zu und ich falle ihm in die Arme. (Wenn ich mich recht erinnere, waren meine ersten Worte: „Oh mir ist ja soo schlecht“, nicht gerade romantisch, aber im Nachhinein finde ich es unglaublich witzig.) Ich war so froh wieder bei ihm zu sein und wir waren uns noch so vertraut, dass es mir gar nicht so vorkam, als wären wir so lange getrennt gewesen. Fabian weiht mich auch gleich in die „Kunst“ des Koka-Blätter-Kauens (oder vielmehr -in-die-Backe-schieben) ein und das hilft tatsächlich gegen meine Übelkeit.

So, 07.09.2008
Den Morgen verbringen wir auf dem Markt. Mir gefällt es... bin fasziniert von allem... besonders von den Cholitas, den traditionell gekleideten indigenen dicken Frauen mit ihren Hüten und weiten Röcken (unter die sie haufenweise Unterröcke anziehen). Der Markt ist ungefähr wie eine Mischung aus indischen und südeuropäischen Märkten, bunt und vielfältig, nur dass es noch mehr frisch zubereitetes Essen und die verschiedensten Getränke gibt.
Puno liegt direkt am Titicaca-See, darum verbringen wir den Nachmittag am See, der eine unglaublich tiefblaue Farbe hat, erkunden Puno und kaufen Karten für eine Bootstour morgen früh.

Mo, 08.09.2008
In einem der zahlreichen Touri-Touren-Booten machen wir uns auf zu den „Islas Flotanes“, die eigentlich nur noch lebendiges Museum sind, aber doch sehr faszinierend (und scheinbar sollen auf für Touristen nicht zugänglichen Inseln noch richtige „Uros“ leben). Danach geht’s in stundenlanger Bootsfahrt weiter zur „Isla Amantaní“, dort werden wir von einer dicken Cholita in Empfang genommen, bei der wir übernachten dürfen. Am Nachmittag erkunden wir die Insel, schauen uns die Ruinen von den Tempeln von „Pacha Mama“ und „Pacha Papa“ an und verlaufen uns im Dunkeln, finden beinahe nicht mehr zu unserem Haus zurück und kommen daher zu spät zum Abendessen. Später sehen wir noch ganz zufällig eine geheimnisvolle Prozession am Seeufer und ein Schwein erschreckt mich und lacht mich danach richtig aus.

Di, 09.09.2008
Heute morgen machen wir uns auf zur „Isla Taquile“, auf der eine interessante traditionelle Kleiderordung herrscht. Die Männer tragen lustige Mützen, die bunt sind, wenn sie ledig sind und halb weiß, wenn sie verheiratet sind, die Frauen schwarze Tücher mit bunten großen Bommeln, wenn sie ledig sind und mit kleinen Bommeln, wenn sie verheiratet sind.
In einem klitzekleinen Museum spielen wir „Guckug – da!“ mit einem kleinen süßen einheimischen Mädchen.
Später tuckern wir in unserem Bootchen zurück nach Puno und übernachten noch einmal dort, weil die Grenze schon zu hat.

Mi, 10.09.2008
Wir fahren mit dem Bus über die Grenze Peru-Bolivien nach Copacabana, und dort steigen wir nach dem Mittagessen wieder in ein Boot, das uns zu der im Titicaca-See liegenden berühmten Sonneninsel „Isla del Sol“ bringen soll. So sitzen wir in dem langsam vor sich hintuckernden, nach Benzin stinkenden Boot, die Sonne scheint mir ins Gesicht und auf die winzigen Wellen im See, die dadurch unheimlich glitzern. Irgendwie fasziniert mich der Titicaca-See total, er ist so unheimlich schön mit seinen unterschiedlichsten intensiven Blautönen und den wie ein in der Sonne funkelnder Edelstein glitzernden Wellen. Die Sonneninsel gefällt mir auch, die interessant gekleideten Menschen treiben ihre Eselchen den Berg hoch und auf der Suche nach den Inka-Ruinen erkunden wir die halbe Insel, bis wir sie letztendlich doch noch finden.

Do, 11.09.2008
Nachdem wir im Süden der Sonneninsel übernachtet haben, bringt uns ein Boot am nächsten Morgen in den Norden der Insel, wo weitere Ruinen auf uns warten. Durch Geschichten der Einheimischen werden diese interessant, sie erzählen von Jungfrauen, die geopfert wurden indem ihnen das Herz aus dem lebendigen Leib geschnitten wurde...
Doch diese gruseligen Geschichten können die wunderschöne Atmosphäre auf der Insel nicht trüben und es gefällt uns so gut, dass wir beschließen doch noch eine Nacht hier zu bleiben, obwohl wir kaum noch Geld dabei haben, gesellen uns zu den am Strand spielenden Kindern, ernähren uns von Brötchen mit Ananasmarmelade und Bananen. Die strahlende Sonne verlockt uns dazu, im See schwimmen zu gehen, was jedoch aufgrund der Wassertemperatur nur für ein paar Sekunden möglich ist. Danach klettern wir die alten Terrassen-Felder hoch auf einen Berg und genießen die Aussicht, zum Abendessen verspeisen wir wieder Brötchen mit Ananasmarmelade und Bananen.

Fr, 12.09.2008
Den nächsten Morgen verbringen wir wieder am Strand und schauen den Kindern beim Spielen zu, bis uns ein Boot wieder mit nach Copacabana nimmt, dort besichtigen wir noch den Ort und die Kirche. Wir erfahren von den Unruhen der reichen „Flachländer“, die sich von den armen indigenen „Hochländern“ abspalten wollen.

Sa, 13.09.2008
Wir fahren nach La Paz und bekommen in El Alto eine der berühmten Straßenblockaden der Bolivianer mit, die unseren Bus zu einer anderen Route zwingt. Die Menschen blockieren mit Gasflaschen die Straße, weil sie Angst haben, dass die „Flachländer“ ihnen das Gas abdrehen. Die Leute, die im Bus vor uns sitzen, unterhalten sich schon darüber, wie lange ihnen das Gas (zum Kochen) noch reichen wird.
Am Abend schlendern wir durch die Innenstadt. Verlockend lecker aussehendes Eis verleitet uns dazu, es zu kaufen, aber es schmeckt nicht halb so gut wie es aussieht. Darum wollen wir das Eis Bettlern schenken, die eigentlich überall anzutreffen sind, wenn man sie jedoch braucht, sind sie natürlich nicht da. Irgendwann finden wir doch noch eine Bettlerin und geben ihr das Eis, doch beim Gehen sehe ich noch, wie sie das Eis in ihren Beutel steckt, vielleicht weiß sie ja gar nicht, was Eis ist und dass es schmilzt. Danach gehen wir auf eine „Schokoladenparty“, doch die ist auch ziemlich enttäuschend.

So, 14.09.2008
Von unserem Hotelfenster aus sehen wir morgens eine riesige Demonstration, die vermutlich auch mit den Unruhen zusammenhängt.
In der Innenstadt gibt es sonntags immer so etwas wie „Straßenfeste“ und begeistert gucken wir einer Capoeira-Gruppe zu. Danach fahren wir nach El Alto zur Feria (Markt), und ich kaufe mir einen Cholita-Hut und -Röcke. Abends gehen wir zu einem indigenen Filmfestival, das ziemlich politisch und von den Unruhen geprägt ist, es werden Reden gehalten und Musikgruppen treten auf, danach wird ein Film über Indios gezeigt, die aus dem Urwald vertrieben werden (Fabian hat mir alles übersetzt). Es war sehr beeindruckend und interessant, die Meinung der Indios mitzubekommen.

Mo, 15.09.2008
Wir besuchen Basti, der in El Alto einen Freiwilligendienst macht. Er erschrickt ziemlich, als er mich in Cholita-Kleidern herumlaufen sieht. Danach fahren wir nach Oruro.

Di, 16.09.2008
Nachdem wir unsere Zugfahrt gebucht haben, machen wir noch einen Ausflug zu heißen Quellen, dann verbringen wir den Rest des Tages im Zug nach Uyuni.
Die Landschaft des Altiplano zieht an uns vorbei... trockene grau-gelbe Grasbüschel, im Hintergrund braune kahle hügelige Hügel... ab und zu Kuh- oder Schafherden mit ihren Hirten... ein Lama... trübe graue Wolken... ein paar alte Lehmhütten-Ruinen... chillige Musik tönt aus den Lautsprechern des Zuges... ein grünes Feld in dieser wilden zerfurchten Landschaft, dahinter ein Bauernhof... Fabian an meiner Seite, er malt gerade... der Zug zuckelt unglaublich langsam vor sich hin, schaukelt aber dermaßen... ein himmelblaues Wolkenloch, die Gegend erstrahlt im goldenen Sonnenschein... vorhin haben Fabian und ich fast eine ganze Wassermelone verschlungen, wir haben immer noch Wasserbäuche... draußen ist der Boden auf einmal weiß, von Salz überzogen, man merkt dass wir auf dem Weg zur Salzwüste sind...

Mi, 17.09.2008
Wir starten eine Jeeptour über den „Salar de Uyuni“ und Umgebung. Mit uns touren Anna, die deutsche Psychologin auf Weltreise, Christin, die fotosüchtige Schottin und ein japanisches Pärchen. Erste Station ist der Eisenbahnfriedhof, wäre ein toller Abenteuerspielplatz gewesen. Hier stehen lauter uralte, verrostet Lokomotiven herum. Rost hat einfach eine schöne Farbe. Dann geht’s weiter auf den riesig großen Salzsee. Unser Führer erzählt uns, dass wir nun auf einer 3-4m dicken Salzschicht fahren, darunter wäre Wasser. Von Wasser ist nichts zu sehen, daher ist die Bezeichnung Salzwüste auch passender. Nichts als eine riesige Fläche blendendes Weiß, ganz im Hintergrund in unterschiedlichen Schattierungen blaue Berge. Wie eine flache Schneelandschaft. Überhaupt erinnern einen diese in der Sonne funkelnden Salzkristalle an Schnee. Nur dass es eben etwas härter und nicht so kalt und nass ist.Wir machen an verschiedenen Stellen Halt, an einem winzigen Museum mit zwei großen Salzfiguren und allerlei Krimskrams, dort wo das Salz abgebaut und zum Trockenen aufgeschichtet wird, an einem Hotel ganz aus Salz und dort wo in kleinen Löchern im Salz Süß-und Salzwasser aufeinander treffen, was zu einem interessanten Sprudeln führt. Zur Mittagszeit halten wir bei der „Isla de los Pescadores“, die wegen ihrer Form „Fisch-Insel“ heißt, aber ansonsten nichts mit Fischen zu tun hat. Vielmehr ist es ein kleiner brauner Hügel in der weißen Ebene, bewachsen mit unzähligen riesigen Kakteen. Wir machen einen Rundgang über die Insel, die riesigen Kakteen geben einen so krassen Gegensatz zu dem strahlenden Weiß. Wir hatten viel Spaß beim Fotoschießen...
Nach einer langen langen Fahrt über das mit der Zeit doch etwas langweilig werdende Weiß der Salzwüste verlassen wir sie schließlich und fahren noch ein Stückchen durch braune, mit Kakteen bewachsene Geröll-Hügel zu unserem Nachtlager, einem krassen Hotel aus Salz in einem winzigen Lehmdörfchen. Alles aus Salz, die Wände, die Betten, die Nachttische... voll krass. Fabian und ich machen uns auf zu einem Spaziergang, besichtigen das Lehmhütten-Dorf und sehen in der Nähe eine ganze Ansammlung von Lehmhütten-Ruinen, laufen an stinkenden Klohäuschen vorbei, in einem Flusstal entlang. Wir unterhalten uns mit einem Bauer (der einen Fleck auf der Hose hat als hätte er hineingepinkelt)... erfahren interessante Sachen...z.B. dass die Ruinen da sind, weil das ganze Dorf vor einer Weile umgezogen ist, da es in der Regenzeit immer vom Fluss unterspült wurde... dass die Leute vom Dorf nur sehr selten in die Stadt kommen und dort dann Quinua verkaufen, ansonsten von ihren eigenen Erzeugnissen leben. Und er erzählt uns von tollen Lagunen, die gar nicht weit entfernt wären. Also machen wir uns auf den Weg... finden aber nur ein einen halben Meter mit Wasser gefülltes Betonbecken... irgendwie ernüchternd. Ein anderer Bauer meint, die schöne Lagune wäre noch zwei Stunden Fußmarsch entfernt.
Beim Abendessen kommen vier Jungs mit Panflöten und einer Trommel, die sind voll süß, obwohl ihre Musik nicht so der Hammer ist ;) Bei Tee und heißer Schokolade sitzen wir (unsere „Reisegruppe“) noch lange zusammen und schwätzen... der Mond ist wundervoll, wie er so groß und golden aufgeht, eine Koreanerin (von einer anderen Reisegruppe) singt wunderschöne Lieder.

Do, 18.09.2008
Wir frühstücken um sechs Uhr morgens und dann geht es auch schon weiter, stundenlange Jeepfahrt. Erste Station für heute: Der aktive Vulkan „Ollagüe“, der an einer Stelle sogar wirklich ein kleines bisschen raucht. Hier liegen krass geformte aus Lava entstandene Steine herum.
Wir fahren weiter zwischen ehemaligen Vulkanen und bunten Bergen und Geröllfeldern hindurch zu ein paar Lagunen, bei manchen können wir Flamingos beobachten, und einem krass geformten Felsen, dem Baum aus Stein. Weiter geht die Fahrt bis zur „Laguna Colorada“, der farbigen Lagune, obwohl alle immer nur von der roten Lagune sprechen. Und es ist wirklich der Hammer! Umringt von kahlen braunen Bergen, durchzogen von einer weißen Eis- und Borax-Schicht liegt ein See in der Landschaft, in dem viele viele Flamingos stolzieren, und dieser See ist wirklich rot! Es ist total faszinierend. Stellenweise ist der See blau, doch der überwiegende Teil geht von knallorange über korallenrot und bordeaux bis zu rostbraun. Und dazwischen immer wieder weißes Borax und auch Eis und Schnee. Gerade die Farbenfreudigkeit macht diese Faszination dieses Naturwunders aus. Abgerundet wird das Bild von gelben Grasbüscheln, braunen Bergen, schwarzen Schatten und dem strahlenden Blau des Himmels.
Doch warum ist diese Lagune überhaupt rot? Wegen dem Plankton (und vielleicht anderen kleinen Tierchen). Und weil Flamingos dieses Plankton fressen, sind sie rosa. Und Hummer rot.
Ich habe festgestellt, dass ich Flamingos toll finde. Sie in freier Wildbahn, in ihrem natürlichen Zuhause beobachten zu können ist einfach wundervoll. Einfach schön, wie diese großen rosa-weißen Vögel im flachen Wasser herumstolzieren und mit ihren Schnäbeln nach Plankton fischen. Und direkt am Ufer des roten Sees steht unser heruntergekommenes Hostal unter einem wundervollen Sternenhimmel. Es herrscht eine klirrende Kälte (-20°C), die sich bis auf die Knochen in den Körper frisst und ihn erbarmungslos aller Wärme beraubt. Der kleine verrostete Ofen brennt nicht richtig. Ich verkrieche mich zu Fabian ins Bett, um nicht mehr so arg zu frieren...

Fr, 19.09.2008
Morgens um vier Uhr geht unsere Tour weiter, es ist grausig kalt. In der Morgendämmerung errichen wir Geysire und heiße Quellen. Wir kommen uns vor wie in einer Hexenküche. Überall sind Löcher am Boden, in denen Schlamm brodelt und weißer warmer Schwefeldampf steigt auf. Irgendwie benebelt, auch noch von der Müdigkeit und der Kälte, kommt uns diese Landschaft ziemlich unwirklich vor.
Weiter geht die Fahrt zu den heißen Quellen „Termas de Polques“, in denen wir baden können. Es kostet einen Haufen Überwindung, sich in dieser Schweinekälte aus den dicken Kleiderschichten zu schälen, doch wenn man es schafft, ist die Belohnung groß: das schöne warme Wasser ist einfach himmlisch! Als wir danach frühstücken, frieren unsere nassen Badeanzüge, Handtücher und Haare ein. Irgendwann ist die Sonne dann wieder so kräftig, dass sie die Kälte vertreibt und im Windschatten kann man dann sogar wieder im T-shirt in der Sonne sitzen.
Letzter Halt der Tour ist die „Laguna Verde“ auf 5000m über dem Meeresspiegel, dann geht es wieder zurück nach Uyuni.

Sa, 20.09.2008
Wir fahren durch die rauhe, zerklüftete Landschaft des Altiplano mit einem Bus nach Potosí, der höchstgelegenen Stadt der Welt.

So, 21.09.2008
Wir besichtigen die Stadt und verbringen wieder viel Zeit auf einem der bunten, lebhaften Märkte. Fabian entdeckt die gegrillten Rinderherzen für sich und scheint fast süchtig danach zu sein und nachdem er mir so viel davon vorgeschwärmt hat, traue ich mich doch zu probieren und finde sie eigentlich auch ziemlich lecker.

Mo, 22.09.2008
Wir besichtigen eine Mine im Berg „Cerro Rico“. Es ist beeindruckend wie unser Führer von seinem Leben erzählt, wie er früher auch in den Minen gearbeitet hat und dann einer der ersten war, der Touristen durch diese Minen führte, ohne Spanisch zu können. Die Minenarbeiter beten den "Tio", den Gott der Unterwelt, der über das Schicksal der Minenarbeiter herrscht, an und bringen ihm Opfer (Alkohol, Zigaretten, Koka-Blätter) dar. Es ist ziemlich anstrengend, durch die engen „Maulwurfsgänge“ im Berg zu klettern, es muss schrecklich sein hier jeden Tag ohne Sonnenlicht arbeiten zu müssen.
Den restlichen Tag chillen wir ein bisschen in der Stadt. Die Nacht verbringen wir im Bus nach La Paz.

Di, 23.09.2008
Kaum in La Paz angekommen, machen wir uns auch schon mit einem Sammeltaxi auf den Weg nach Coroico, nach dem misslungenen Versuch, eine Mountain-Bike-Tour dorthin zu buchen. Es ist total schön, endlich wieder ganz viel Grün zu sehen und dass es hier richtig schön warm ist. Wir machen ein Spaziergang zu kleinen Wasserfällen.

Mi, 24.09.2008
Wir machen einen siebenstündigen Ausflug hoch zu Ross und genießen die subtropische Landschaft mit Kaffeeplantagen, Bananenstauden, Orangenbäumen, Blumen,... Reiten ist toll! Unser Führer kennt den Weg selber gar nicht, und wir reiten einfach so drauf los. Einmal kommen wir von einem kleinen Trampelpfad an eine kleine Brücke aus Ästen, die Pferde haben Angst darüber zu gehen. Nachdem nach viel gutem Zureden das erste Pferd auf der Brücke einbricht, sich zum Glück aber noch auf die andere Seite retten kann, ist es unmöglich, die anderen Pferde über die Brücke zu bekommen, doch unser Führer gibt nicht auf und lässt die Pferde schließlich durch den kleinen Bach unter der Brücke „klettern“, es ist sehr sehr steil aber die Pferde schaffen es gerade so. Das war schon abenteuerlich. Nach der Tour werden wir auch noch zu Tee und Keksen eingeladen und am nächsten Morgen bringt uns unser Führer überraschenderweise ungeröstete Kaffeebohnen vorbei (wir hatten gefragt, ob man das hier kaufen kann).

Do, 25.09.2008
Wir machen einen Ausflug zu einem Fluss, in dem wir baden können. Das Wasser ist zwar kalt, aber es lässt sich aushalten. Es ist herrlich, sich durch das wilde Wasser zu kämpfen und wir haben viel Spaß. Danach geht’s wieder auf nach La Paz und wir starten eine letzte Shoppingtour.

Fr, 26.09.2008
Ich sitze im Bus von La Paz nach Lima, 26 Stunden muss ich in diesem noblem Bus mit Stewardress verbringen, aus dessen Lautsprechern traurig-schnulzige Musik tönt. In mir drin ist die Freude über diese wunderschöne Zeit, die hinter mir liegt, und doch Trauer über den Abschied, den Abschied von Fabian und auch ein bisschen von Bolivien, das wirklich ein sehr schönes Land ist, und auch Abschied vom Reisen, denn übermorgen sitze ich wieder mit Vanessa im Flugzeug nach Hause.
Es war so schön mit Fabian, ich vermisse ihn jetzt schon, vermisse es hier im Bus meinen Kopf an seine Schulter lehnen zu können, mich an ihn zu kuscheln.
Es war eine sehr intensive Zeit miteinander und ich bin unheimlich froh, dass ich die Möglichkeit hatte nach Südamerika zu kommen.