11. Dezember 2011

Erlebnisse...

Manchmal fühle ich mich einsam hier. Nur manchmal, aber dann eben sehr. In den 3 Wochen, in denen ich hier bin, hat sich das auch schon ganz schön viel verbessert mit der Zeit. Trotzdem sind 3 Wochen keine sehr lange Zeit, um Freundschaften aufzubauen. Aber es ist gut so, und ich bin froh über alle Erfahrungen, die ich hier mache. Zumindest lernt man durchs Einsamsein wieder die alten, tiefen Freundschaften und Beziehungen zu schätzen.

Eigentlich ist es total spannend, dieser Prozess den man durchmacht. Ganz am Anfang dieses sich total fremd fühlen, unsicher, man weiß nicht wie man sich verhalten soll, man weiß einfach nicht, wie die Menschen hier ticken und was als richtig und falsch angesehen wird und was die Menschen von einem erwarten. Aber Tag für Tag lernt man sie besser kennen, man lebt mit ihnen, man findet ganz langsam heraus, wie die Menschen ticken und dass es im Prinzip vollkommen in Ordnung ist, wenn man sich so verhält, wie man eigentlich ist.


Do, 08.12.

Dekoriere mit Romrom einen kleinen Plastikweihnachtsbaum, den wir ersteinmal zusammenstecken. Uh wird der kitschig und überladen. Nungut, wir sind ja schließlich auf den Philippinen...

Abends gehe ich mit Allyn auf eine Modenschau/Schönheitswettbewerb, auf dem ich Jury spielen soll. Ich hab halt einfach mal ja gesagt, ok, ich mach das, ein bisschen verrückt muss man ja im Leben sein. Und ich hatte eigentlich wieder keine Vorstellung, was das genau für eine Veranstaltung werden wird. Hoffentlich so wie die am Sonntag, dann weiß ich wenigstens, wie es ablaufen wird...

Als wir ankommen, ist auf dem überdachtem Platz noch ein Gottesdienst am laufen... ok. Danach wird ein Tisch zwischen die Bänke gestellt, viele Leute haben was zu essen mitgebracht, stellen es auf den Tisch. Und dann wird doch tatsächlich ein ganzes Spanferkel auf die Mitte des Tisches drapiert. Uh das sieht schon gruselig aus. Ob ich „Lechon“ („Spanferkel“, oder eigentlich glaub ich „Gegrilltes“) mögen würde. Ich lächle etwas gezwungen, klar mag ich das hehe, ist hier schließlich etwas ganz besonderes. Na wenigstens kein Fisch. Uiuiui, an dem Essenstisch ist ein Gedränge als stehe eine Hungesnot bevor... manchmal hat es doch auch Vorteile, weiß zu sein, da wird man nämlich vorgelassen ;) Und das Spanferkel schmeckt auch ganz passabel. Tja und wie wird es weitergehen? Ich bin ja schon aufgeregt... Ok, irgendwann wird der Essenstisch, an dem nach kurzer Zeit nur noch ein paar Kinder die allerletzen Reste der Torte naschen, abgeräumt und als Jurytisch umfunktioniert. Der Marienbild oben auf der Bühne wird abgehängt und darunter kommt ein Poster eines hübschen Frauenumrisses hervor. So, es heißt ich solle mich an den Jurytisch setzen. Gut. Da sitzt schon einer, den quetsche ich ersteinmal aus, was wir alles so machen müssen. Ein Schwuler, ein ganz netter. Er hat scheinbar schon oft Jury gespielt. Und dann kommt noch das dritte und letzte Jurymitglied, ein Filippino, der hier aufgewachsen aber mit 15 nach Kanada ausgewandert ist und jetzt hier nur Ferien macht. Wir kriegen Zettel, auf denen jeweils die Kriterien stehen. So etwas wie Bühnenpräsez und so... ich kenne einige der Wörter der Kriterien nicht, haha, da lässt es sich ja prima beurteilen. Ich frage nach und kapiere so grob, um was es jeweils geht. Na dann kanns ja losgehen. Aber zunächst wird eine eeeewig lange Liste vorgelesen, und zwar wer eine Spende in welcher Höhe gegeben hat. Es wurde nämlich für eine neue Kirche gesammelt. Aber dann, dann geht’s endlich los. Licht aus... uuund die sieben Schönheiten kommen im Neo-Ethnic-Look, mit Federn geschmückt, in Goldschmuck mit brennenden Lichtern in der Hand herein, und tanzen etwas vor. Sieht echt schön aus. Dann stellen sie sich vor, und die Jury wird vorgestellt (hehe, immer lächeln und winken) und irgendwelche Reden gehalten... dann messen sich die sieben Schönheiten im „Casual Wear Competition“, „Summer Wear Competition“, „Long Gown Competition“ und „Interview“... ich schreibe währenddessen die jeweiligen Prozentzahlen in die Kästchen, versuche gerecht zu sein... zwischendurch tanzen wieder die 2 Kindergruppen vom letzten mal, ist zwar jeweils der gleiche Tanz, aber immer noch soo süß und beeindruckend.

Der letzte Teil des Wettbewerbs ist echt interessant, da werden den Kandidatinnen jeweils ein Bild gezeigt und sie sollen etwas dazu sagen. Bilder von Problemen auf den Philippinen wie Abholzung, Luft- und Wasserverschmutzung, Abtreibung, Armut, Fischen mit Dynamit, aber auch ein Bild von einem gepflanzten Baum. Das finde ich echt spannend. So, alle Punkte sind vergeben, war teilweise schon echt schwierig, eine irgendwie gerechte Bewertung zu geben.

Am Ende werden die Pokale und Preise verteilt! Kandidatin Nr. 1 gewinnt ganz viele, aber sie ist auch die hübscheste und hat total die überzeugende Ausstrahlung. Und dann wird noch die „Miss Sta. Immaculada 2011“ gekrönt. Das wars. Ein schönes Erlebnis. Danach wird noch gefeiert, Disco auf dem Sportplatz, wir schauen kurz vorbei, aber wir sind so hundemüde...


Fr, 09.12.

Eigentlich war es erst kurz vor halb fünf, aber die Arbeiter hatten alle beschlossen, schon mit dem Arbeiten aufzuhören, weil es nämlich regnete. Und so saßen wir alle in der Hütte, die Ranger unterhielten sich, ich beobachtete, wie es immer stärker regnete. Es entwickelte sich zu einem echt heftigen Gewitter mit Regenmassen wie bei der Sintflut. Wir saßen in der Hütte und irgendwie war das total die coole Stimmung. Teilweise saßen die anderen auch nur da und schauten dem Regen zu. Und dann fragten sie mich, ob ich Frosch essen würde. Uaah, Frosch, neeee!! Sie meinten, die würden sie dann später fangen, nach so einem Regen lassen sie sich scheinbar am leichtesten fangen. Und dann würde es die morgen zum Mittagessen geben. Na hoffentlich bringen sie mich nicht dazu, die zu probieren...


Sa, 10.12.

Uhlala, und ich habe es doch getan. Ich hab wieder etwas total verrücktes gegessen: FROSCH! Ufff, hätte ja nie gedacht, dass ich solche Dinge mal essen werde... ich frage mich, was ich hier noch alles zum probieren aufgetischt bekomme ;)

Und zwar haben mich die Ranger eingeladen, bei ihnen in der Hütte zu essen, weil im Büro nämlich niemand wäre. Gut, ok, da hatte ich noch nicht an gestern gadacht und was sie mir über die Frösche erzählt haben. Und dann gab es sie wirklich. Uah, zum Glück hat man sie nicht auf den ersten Blick gar nicht so richtig erkannt. Und dann hab ich so ein Teil auf meinen Teller geklatscht bekommen, hier probier mal. Sie haben sich köstlich amüsiert, dass ich mich schon etwas geekelt habe. Aber ich hab probiert! Es war zwar zäh, hat aber gar nicht so schlecht geschmeckt. Es war einfach nur die Vorstellung, Frosch zu essen, uah. Naja ich hab das Teil fast ganz aufgegessen. Die Ranger waren total erstaunt, dass es in Deutschland zwar Frösche gebe, aber niemand sie dort essen würde. Sowas.

Nach dem Essen wollte ich dann Arlyn beibringen, wie man Ohrringe macht. Da sie noch nicht wieder im Büro war, bin ich zu ihrer Hütte gegangen. Sie war noch ein bisschen beschäftigt, für ihren Vater was zu kochen. Ich hab mich dazugesetzt. Und auf einmal füllte sich die Hütte mit kleinen Kindern, die neugierig auf mich waren. Sie setzten sich ersteinmal vor den Fernseher... und nahmen schüchtern ein bisschen Kontakt mit mir auf. Schon schade, wenn man sich gar nicht unterhalten kann. Sie wollten meine Dreads anfassen, und meine Haut und ich hab sie ein bisschen gekitzelt. Voll süß!

Nachdem Arlyn die Kids geschickt hatte, ihre Kleider von der Wäscheleine zu holen, habe ich sie zum Büro geschoben. Das ist echt furchtbar anstrengend auf dem unebenem Weg! Da ist es für Arlyn total unmöglich, selbst ihren Rollstuhl zu schieben. Scheiße echt, wenn so etwas von einer Selbstverständlichkeit für uns, ein geteerter Weg, soviel mehr Selbstständigkeit geben könnte...

Aber beim Ohrringemachen hatten wir endlos viel Spaß, es war so unglaublich schön. Sie war so wunderbar dankbar und hatte so viel Freude dabei. Und hofft, sich durch den Verkauf von Schmuck vielleicht irgendwann ein bisschen etwas dazuverdienen zu können. Lolita hat sich uns dann angeschlossen, also erstmal die Ohrringe begutachtet und sich dann in die kleine Libelle verliebt, von der ich noch keinen zweiten hatte. Da hab ich ihr den zweiten gemacht und sie ihr geschenkt und sie hat sich so gefreut, dass sie Tränen in den Augen hatte. Sie ist ja sowas von goldig! Und später hat sie gefragt, ob ich auch Ketten machen könnte, ich zeigte ihr, dass ich sie aus Draht häkel und dann hat sie weitergehäkelt. Dann saßen wir zu dritt beim Schmuckbasteln :) Und später dann hat mich Lolita adoptiert ;)

Danach haben wir noch einmal zusammen das Lied geübt, dass wir am Dienstag bei einer Weihnachtsfeier vorsingen wollen. Also die Weihnachtsfeier wurde von Freitag auf Dienstag verschoben. Gestern haben wir zum ersten mal geübt, es singen einige von SAFRA-ADAP mit. Das macht total Spaß und die anderen finden es so toll, dass ich ein Tagalog-Lied mitsinge :) Die Kinder versammelten sich und hörten zu, aufgereiht auf einem Stapel Bretter. Wir sangen, während langsam die Sonne unterging...


Mitternacht:

Oh ich bin noch ganz verzaubert. Ich habe sie gesehen! Ich habe die Mondfinsternis gesehen! Und das ganz zufällig. Also ich hatte vorher bei den News auf GMX irgendwas mit Mondfinsternis gelesen, dachte oh wie schön, Nachrichten aus Deutschland, da gibt’s ne Mondfinsternis in Deutschland ;) Und nicht weiter drüber nachgedacht. Und vorhin will ich rüber gehen zum Zähneputzen, schaue in den Himmel und WOW... der Mond ist direkt über mir, blutrot und wunderschön. Ich hab einfach so ganz zufällig zum genau richtigen Zeitpunkt in den Himmel geguckt. Ich gehe schnell alle Lichter ausmachen, die anderen schlafen schon alle. Hole meine Kamera, und versuch Fotos zu machen, klappt aber nicht so wie ich das will. Also gut, Kamera weg, ich lege mich auf eine Bank und genieße einfach nur. Wundervoller Sternenhimmel und dann die totale Mondfinsternis! Es ist noch schön warm, die Grillen zirpen, irgendwo in der Ferne Musik. Am Ende meines Blickfeldes runden die Zweige einer Kokospalme die Romantik des Himmels ab. Es ist so unglaublich wunderschön! Und dazu noch ab und zu eine Sternschnuppe. Ich staune über die Schönheit der Natur, bin so dankbar, dass ich das sehen darf und weiß, in dem Moment bin ich mal wieder der glücklichste Mensch der Welt ;)

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